Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für die Einladung zu Ihrem diesjährigen Bildungskongress.
Nachdem das letztjährige Grußwort meines Fraktionsvorsitzenden beim Philologenverband viel Aufruhr verursachte, habe ich mir ausdrücklich friedliche Worte für den heutigen Nachmittag vorgenommen.
Kurz zu mir: Martin Habersaat, 37, aus Reinbek. Seit 2009 Mitglied des Landtags, bildungspolitischer Sprecher und stellvertretender Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion. Bis zu meinem Einzug in den Landtag war ich Lehrer am Emil-Krause-Aufbaugymnasium in Hamburg, habe dort Deutsch, Geschichte und PGW (Politik, Gesellschaft, Wirtschaft) unterrichtet.
Auf das Aufbaugymnasium kamen in erster Linie junge Menschen mit einem frisch erworbenen Realschulabschluss, die sich nun vorgenommen hatten, auch noch das Abitur zu schaffen. Das Ergebnis war meist ein Abi-Schnitt, der etwas unter dem anderer Hamburger Gymnasien lag, aber der Weg dahin hat mir viel Spaß bereitet, mit lauter jungen Menschen, die etwas wollten. Und natürlich war es mein Ehrgeiz als Lehrer, dass möglichst viele dieser jungen Leute, am besten alle, ihr Abitur schafften.
Ich weiß, dass wir in mancher Sachfrage in der Vergangenheit nicht immer einer Meinung waren, ich bin mir aber sicher, dass wir im Ziel einig sind, die bestmögliche Bildung für alle Kinder und Jugendlichen in Schleswig-Holstein zu organisieren. Nachdem die Schulstruktur jetzt ist wie sie ist, und nachdem wir jetzt eine neue Ministerin in einem neu benannten Ministerium haben, gibt es, glaube ich, durchaus auch die Chance auf gemeinsame Positionen in mancher Sachfrage:
Britta Ernst hat sich gewünscht, einem Ministerium für Schule und Berufliche Bildung vorzustehen. Diese Kombination gibt es in Hamburg schon lange, wird dort von UV Nord und Handwerkskammer durchaus positiv gesehen. Warum sollte das nicht auch in Schleswig-Holstein Nutzen bringen?
Sie sind gewissermaßen traditionell mit Fragen der Berufsorientierung und der Berufsvorbereitung befasst, das ist ja nicht zuletzt an dem in diesem Jahr vorgesehen Vortrag „Gute Bildung – Reale Chancen“ durch Birgit Behrens als Geschäftsführerin Bildung im Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe abzulesen.
Deshalb hoffe ich darauf, dass die IVL sich konstruktiv in die Fragen einbringt, die wir in den kommenden Monaten und Jahren zu lösen haben:
- Wie schaffen wir es, durch Kooperationen von Schulen ohne und mit Oberstufe, einerseits die Perspektive des Abiturs für alle Schülerinnen und Schüler mitzudenken, für die das in Frage kommt? Und wie stärken wir andererseits Berufsvorbereitung und Berufsorientierung, um möglichst niemanden unvorbereitet und unorientiert ins Leben zu entlassen?
Besonders in Kiel stimmt mich die Kooperation einiger Gemeinschaftsschulen mit dem RBZ Technik hoffnungsfroh.
- Wie schaffen wir es, die Erfolge, die Hamburg mit dem Modell der Jugendberufsagentur erzielt, auf das Flächenland Schleswig-Holstein zu übertragen? Alle müssen an einem Strang ziehen, wenn es klappen soll: Agentur für Arbeit, Kammern, Unternehmer und Gewerkschaften, Berufliche Schulen, RBZs und kooperierende Gemeinschaftsschulen, Jugendhilfe und Kommunen.
- Und schließlich: Wie schaffen wir es, unsere Schulen für alles, was sie leisten müssten, angemessen auszustatten? Sie haben mitbekommen, wir die durch die Übernahme der BAFöG-Mittel durch den Bund frei werdenden knapp 37 Mio. Euro nicht in die Hochschulen investieren, obwohl sie dort dringend gebraucht werden. Aber dringender wurden sie unserer Auffassung nach in Form von zusätzlichen 728 Lehrerplanstellen für unsere Schulen gebraucht. Das ist das Problem, wenn man Prioritäten setzt: Es gibt auch immer wichtige Dinge, die dann nicht Priorität sein können
Meine Damen und Herren, wir haben jedenfalls noch viel vor. Ich hoffe, das wird von Ihnen angesichts meines friedvollen Ansatzes nicht als Drohung empfunden. Ich freue mich dabei auf Ihre konstruktiv-kritische Begleitung.