Zu den aktuellen Äußerungen der CDU-Politiker Koch, Kilian und Claussen erklären die Stormarner SPD-Landtagsabgeordneten Martin Habersaat und Tobias von Pein:
„Einige Regelungen des Finanzausgleichsgesetzes (FAG) seien verfassungswidrig, sagte der Präsident des Landesverfassungsgerichts am Freitag in Schleswig.“ So hieß es in der dpa-Meldung zum Urteil des Landesverfassungsgerichts vom 27. Januar 2017 zum Finanzausgleichsgesetz. Daraus konstruieren die Kollegen Koch und Co., wir hätten, Zitat aus der CDU-Pressemitteilung, „wegen der unterlassenen Bedarfsermittlung auch gegen die Landesverfassung verstoßen.“ Das ist schon ein besonderer Fall von wahlkampfbedingter „schriller Post“.
Dazu Tobias von Pein: „Offenbar konnten oder wollten Herr Koch und Herr Kilian das Urteil nicht richtig lesen. Stormarn bekommt vor allem wegen des Soziallastenausgleichs weniger Geld. Hierzu hat das Gericht festgestellt: ‚Durchgreifende Bedenken bestehen weder gegen die Einführung eines solchen Parameters für Soziallasten an sich noch gegen dessen Gewichtung. Insbesondere werden hierdurch die Kreise nicht im Verhältnis zu den kreisfreien Städten benachteiligt.‘“
Auch die Behauptungen, wegen der Anwendung fiktiver Hebesätze, der Einbeziehung der Grundsicherungsentlastung des Bundes oder der Erhöhung der zentralörtlichen Zuweisungen würden die Kreise benachteiligt, wurden vom Gericht zurückgewiesen. Aus der Pressemitteilung des Verfassungsgerichtes: „Auch die in dem Gesetz vorgesehene besondere Berücksichtigung zentralörtlicher Funktionen – von der insbesondere die großen kreisfreien Städte sowie die Mittelstädte profitieren – ist entgegen dem Vorbringen der Antragstellerinnen zulässig.“
Zudem sei der Kreis Stormarn in einer außerordentlich guten finanziellen Position. Dazu Martin Habersaat: „Ich bleibe dabei: Ob Kreise, die Überschüsse erzielen, wirklich bei einer bedarfsgerechten Zuteilung von Mitteln am Ende mehr Geld haben, ist fraglich.“ Das Gesetz heiße nun einmal Finanzausgleichsgesetz, weil seine wesentliche Funktion der Ausgleich von finanziellen Lasten ist. „Schuldenfreiheit und jahrelange Überschüsse bei den Haushaltsergebnissen sind zumindest keine Hinweise darauf, dass der Kreis Stormarn verglichen mit anderen wirklich ‚bedürftiger‘ ist als jetzt. Viel wahrscheinlicher ist der umgekehrte Fall, dass Stormarn und seine Städte und Gemeinden an den Folgen aus diesem Urteil wenig Freude haben werden. Und dann dürften sich die Stormarner bei den Kollegen Koch & Co. beklagen, die das mit ihrer Klage verursacht haben.“
Tobias von Pein befürchtet, dass die Klage das Gegenteil dessen erreicht, was sich CDU, FDP und Piraten erhofft hatten: „Die CDU muss den Stormarner Städten und Gemeinden erklären, warum Sie gegen die derzeitige Berechnung der Nivellierungssätze geklagt hat. So müssen in die neue Berechnung jetzt die hohen Hebesätze der kreisfreien Städte einbezogen werden. Das kann dazu führen, dass die Nivellierungssätze deutlich erhöht werden. Dem kreisangehörigen Bereich bleibt so im schlimmsten Fall gar nichts anderes übrig, als die Hebesätze nachzuziehen, vor allem wenn man weiter Zuschüsse haben will. Für diese anstehende Hebesatzerhöhungsspirale können sich Grundeigentümer und Gewerbetreibende ebenfalls bei der CDU bedanken.“
Fünf wichtige Informationen in Kurzform:
- Das Finanzausgleichsgesetz hat die Funktion, finanzielle Belastungen auszugleichen. Stormarn hat im Vergleich zu anderen die geringsten Belastungen, weil die Einnahmen hoch und die Sozialausgaben vergleichsweise niedrig sind.
- Das Gericht hat den Soziallastenausgleich und die Neubewertung der zentralörtlichen Funktionen akzeptiert, mithin die Kernpunkte der FAG-Reform.
- Das Gericht fordert eine objektive Bedarfsermittlung für Ausgaben. Dem würde eine Zuteilung von Finanzmitteln folgen. Offen ist, wie das gehen soll, ohne Rechte der Parlamente zu beschneiden.
- Das Gericht fordert einen Flächenfaktor, der Aufgaben im dünn besiedelten Raum besonders berücksichtigt. Das dürfte nicht für Geldströme zugunsten des Hamburger Randes sorgen.
- Das Gericht fordert eine Neuordnung der Nivellierungssätze (angenommener Durchschnitt bei Grundsteuer und Gewerbesteuer; wer darunter liegt, hat Nachteile; die kreisfreien Städte liegen deutlich darüber und wurden bisher nicht berücksichtigt, jetzt Spirale nach oben?).
Siehe dazu auch diese Pressemitteilung:
https://www.martinhabersaat.de/themen/sonstiges/landesverfassungsgericht-zum-kommunalen-finanzausgleich/