Erstes Schönningstedter Mühlengespräch mit Dora Heyenn:
Zweifel an der Richtigkeit der Großen Koalition in Berlin gibt es nicht erst seit den irrlichternden Auftritten des Bundesinnenministers mit seinem, zunächst geheimen, sogenannten „Masterplan“. Und wenn die SPD, die seit über 150 Jahren für Bildungschancen, Aufklärung und soziale Gerechtigkeit kämpft, bei bundesweiten Umfragen kaum noch über 20 Prozent kratzt, lohnt sich ein genauerer Blick auf die Frage: Was ist zu tun?
Das dachten sich auch Martin Habersaat, Landtagsabgeordneter aus Reinbek, Hermann Hanser, SPD-Fraktionsvorsitzender aus Barsbüttel und Irene Kastner, Vorsitzende der SPD Oststeinbek, und riefen eine neue Veranstaltungsform für interessierte SPD-Mitglieder ins Leben: Die „Schönningstedter Mühlengespräche“. Gast bei bestem Wetter auf dem Sonnendeck der Mühle war Dora Heyenn, Bürgerschaftsabgeordnete der SPD in Hamburg und, wie Martin Habersaat einleitend befand, „eine Expertin, die uns viel über die SPD als linke Volkspartei erzählen kann.“
Dora Heyenn war einst für die SPD Segeberg Mitglied des Landtags in Schleswig-Holstein, war Fraktionsvorsitzende der Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft und kehrte zwischenzeitlich zur SPD zurück. „Wenn etwas nicht gerecht ist, muss man es ändern.“ So beschreibt sie ihren Antrieb in der Politik. Zur aktuellen Krise der SPD haben nach ihrer Ansicht die Arbeitsmarktreformen der Regierung Schröder beigetragen, die viel Glaubwürdigkeit kosteten, aber auch dauerhafte Differenzen zwischen Parteiführung und Parteibasis.

Als Ansätze für die Zukunft benannte die Runde im Gespräch eine Stärkung der innerparteilichen Demokratie, die mit der Mitgliederbefragung zur Großen Koalition schon begonnen hat. Ein offener Umgang mit Fehlern müsse gelebt werden und es brauche „klare Positionen statt taktischem Ausweichen“ – beispielsweise auch im Umgang mit den Betrügereien der Automobilindustrie. Gebraucht werde die SPD nach wie vor – auf ihren klassischen Feldern wie der Arbeitsmarkt- und der Bildungspolitik, aber gerade heute auch beim der Durchsetzung europäischer Sozialstandards. Der SPD dürfe es nicht reichen, in der Regierung an Stellschrauben zu drehen, sie müsse als Partei auch verstärkt Grundsätze diskutieren.

Trotz dieser Ansätze war die Runde sich einig, „Komplexes komplex zu belassen“, wie Peter Kastner vorschlug. Martin Habersaat: „Wir hatten nicht die Phantasie, nach diesem Abend einen 63-Punkte-Masterplan zu Rettung der SPD entwickelt zu haben. Aber wir alle haben Denkansätze und Ideen mitgenommen, die wir auch in weiteren Mühlengesprächen vertiefen wollen. Ein wichtiger Punkt ist: Wir wollen öfter sagen, was wir wollen, und nicht, was wir nicht wollen.“
Foto: Einige der Teilnehmerinnen und Teilnehmer – Frank Lauterbach, Margot Engel, Klaus-Jürgen Krüger, Irene Kastner, Heike Brost, Hermann Hanser, Dora Heyenn, Anika Habersaat, Martin Habersaat.