Entlastung der Eltern noch in weiter Ferne:
Noch im ersten Halbjahr 2019 will die Landesregierung die Neuordnung der Kita-Finanzierung vorstellen. Eltern und Gemeinden sollen entlastet werden, die Qualität in den Einrichtungen soll steigen und alle Finanzflüsse sollen transparent und nachvollziehbar sein. „Ein großes Vorhaben“, findet Martin Habersaat, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion und Landtagsabgeordneter aus Reinbek, „und wichtig vor allem für die Eltern, weil ein ‚landeseinheitliches und angemessen niedriges‘ Beitragsniveau angestrebt wird.“ Bisher gebe es allerdings nur jede Menge Versprechungen und noch mehr offene Fragen. Vor allem eine Entlastung der Eltern sehe er noch in weiter Ferne.
Schon um die Grundstruktur der Neuordnung gibt es Streit: Die Landesregierung möchte künftig die Kitas im Land auf Grundlage einer theoretischen „Referenz-Kita“ finanzieren, die gleiche Bedingungen für ganz Schleswig-Holstein garantieren soll. Der Gemeindetag ist damit nicht einverstanden und wünscht sich ein Modell, dass ähnlich funktioniert wie bei den Schulen: Das Land soll das pädagogische Personal finanzieren, die Städte und Gemeinden den Rest, also zum Beispiel die Gebäude und die Hausmeister. Offen ist auch die Rolle der Kreise. Diese sind bisher für die Bedarfsplanung formal zuständig, können aber in den einzelnen Gemeinden den Bau neuer Kitas nicht erzwingen. Und auch wenn das Land die Referenzkita durchsetzt, ist völlig offen, wie diese aussieht. Der GEW-Geschäftsführer Bernd Schauer sagte dazu bei der Vorstellung des Zwischenberichts: „Sollte die Landesregierung eine fiktive Standard-Kita bei der Finanzierung zur Referenzgröße machen, kommt es entscheidend darauf an, welche Maßstäbe zugrunde gelegt werden. Wir werden ganz genau darauf achten, dass bessere Arbeitsbedingungen Einzug in die fiktive Standard-Kita erhalten.“ Unterschiede zwischen reichen und armen Gemeinden in der Ausstattung dürften nicht zementiert würden.
Martin Habersaat: „Es ist kein Geheimnis, dass die SPD sich die Beitragsfreiheit wünscht, wie sie in den anderen norddeutschen Ländern – mit SPD-Regierungen – längst umgesetzt wird. Eine gebührenfreie Bildung von der Kita an schafft gleiche Chancen für alle. Die Grundlagen für gute Bildung unserer Kinder werden in den Kitas in der frühkindlichen Pädagogik gelegt. Gerade in diesem Bereich ist es wichtig, mögliche Hürden abzubauen und damit die Eltern zu entlasten.“ Davon seien CDU, FDP und Grüne leider weit entfernt. Aber auch ansonsten sieht er zahlreiche offene Fragen:
Habersaat: „Das Referenz-Kita-Modell birgt für die Eltern viele Kostenfallen: Angenommen, die Mittel für gesunde Ernährung, elternfreundliche Öffnungszeiten und spezielle pädagogische Angebote sind in dieser fiktiven Standardkita nicht vorgesehen – dann müssten Eltern dafür extra zahlen. Es gäbe dann einen landesweit einheitlichen Grundbetrag und regional unterschiedliche Zuzahlungen.“ Mithin keine Verbesserung zum heutigen System, dass den Eltern im U3-Bereich Kosten bis zu 750 Euro im Monat beschert; so viel kostet ein Krippenplatz in Reinbek. Bisher gibt es zu diesen Kosten einen Zuschuss von 100 Euro vom Land. Dieses Kita-Geld hatte die SPD in der letzten Legislaturperiode eingeführt und bis zur Beitragsfreiheit ausweiten wollen – diese Pläne hat die Jamaika-Koalition kassiert. Auch die Sozialstaffel – Ermäßigungen für Eltern mit mehreren Kindern oder wenig Einkommen – könnte sich landesweit unterscheiden.
Die Landesregierung habe bisher allen alles versprochen, so Habersaat, jetzt sei er gespannt, was denn tatsächlich geliefert wird. Neben Lösungen für die Kita-Finanzierung müssten das aus seiner Sicht auch Reformen bei der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern zur Sicherung des Fachkräftemangels und bessere Betreuungsbedingungen in der Ganztagsschule sein. Auch hier werde es nicht ohne ein verstärktes Engagement des Landes gehen.
Links:
Zwischenbericht der Landesregierung – Umdruck 19/1350
Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zu den Kita-Kosten für Eltern
Martin Habersaat 2018 (Foto: Wadewitz)