Martin Habersaat wundert sich über die Vorgehensweise der Landesregierung:
Für 2023/2024 werden Monoverbrennungsanlagen in Kiel und Stapelfeld geplant. Genehmigungsverfahren beim Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) laufen bereits. Während an diesen Stellen bereits Fakten geschaffen werden, startet die Landesregierung eine Anhörung zum Entwurf eines neuen Abfallwirtschaftsplans, der auch die Klärschlammentsorgung in Schleswig-Holstein zum Inhalt hat. Bis zum 20. Oktober 2020 haben die Bürgerinnen und Bürger Schleswig-Holsteins die Gelegenheit zur Stellungnahme. Über diese Reihenfolge wundert sich der Reinbeker Landtagsabgeordnete Martin Habersaat (SPD): „In Kiel und Stapelfeld sind Anlagen geplant, die rechnerisch den gesamten Klärschlamm Schleswig-Holsteins aufnehmen könnten. Wie offen kann eine Anhörung vor diesem Hintergrund noch sein?“
Die Landesregierung sei ohne Konzept für eine umweltverträgliche Klärschlammentsorgung in die Genehmigungsverfahren gegangen, kritisiert Habersaat. Dieses jetzt nachzuholen sei in etwa so erfolgsversprechend wie der Versuch, sich während eines 400m-Rennens die Laufschuhe anzuziehen. „Herauskommen wird kein in die Zukunft weisendes Konzept, sondern eine Beschreibung der längst geschaffenen Fakten“, kritisiert der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion. Gegner der MVA-Erweiterung hatten unter anderem befürchtet, der Klärschlamm könne von weit über die Kreisgrenzen von Stormarn und dem Kreis Herzogtum Lauenburg hinaus nach Stapelfeld gekarrt werden.
Hat die Verpflichtung von EEW, vorrangig Klärschlämme aus Stormarn und dem Kreis Herzogtum Lauenburg anzunehmen, zur Folge, dass auch überwiegend Klärschlämme aus Stormarn und dem Kreis Herzogtum Lauenburg verbrannt werden? Diese Frage hatten die Stormarner SPD-Landtagsabgeordneten Martin Habersaat und Tobias von Pein bereits im Mai 2019 der Landesregierung gestellt. Die Antwort lautete: Welche Klärschlämme in der Anlage von EEW verbrannt werden, obliegt der Entscheidung des Anlagenbetreibers. Sofern Klärschlammerzeuger ihren Klärschlamm aufgrund gesetzlicher Vorgaben thermisch entsorgen müssen, haben diese die Verpflichtung, sich entsprechende Behandlungskapazitäten in eigenen oder in externen Anlagen zu beschaffen.
Hintergrund:
Mit Inkrafttreten der novellierten Klärschlammverordnung (AbfKlärV) im Oktober 2017 wird eine Neuordnung der Klärschlammentsorgung vorgegeben, die die Rückgewinnung von Phosphor in den Mittelpunkt stellt und die bodenbezogene Verwertung deutlich einschränkt. Die landwirtschaftliche Klärschlammverwertung wird nur noch für kleinere Kläranlagen möglich sein und eine Pflicht zur Phosphorrückgewinnung eingeführt. Die Neufassung der Verordnung sieht vor, dass nach einer Übergangsfrist ab 2029 bzw. 2032 bei Kläranlagen mit über 100.000 bzw. 50.000 Einwohnerwerten Phosphor aus dem Nassschlamm, dem Klärschlamm oder der Klärschlammasche zurückgewonnen und damit einhergehend der Klärschlamm thermisch behandelt werden muss. Ab dem Jahr 2032 muss der größte Anteil der erzeugten Klärschlämme in Schleswig-Holstein verbrannt und der enthaltene Phosphor zuvor oder nach der Verbrennung zurückgewonnen werden.
Links:
Pressemitteilung des Umweltministeriums zum Start des Anhörungsverfahrens:
https://www.schleswig-holstein.de/DE/Landesregierung/V/Presse/PI/2020/0920/200901_Klaerschlamm.html
Verzögerungen beim Neubau der MVA Stapelfeld
https://www.martinhabersaat.de/2020/07/15/neubau-der-mva-stapelfeld-verzoegert-sich/
Kleine Anfrage von Martin Habersaat und Tobias von Pein