Unterrichtsversorgung an den Schulen in Schleswig-Holstein
101 Prozent Unterrichtsversorgung an den allgemeinbildenden Schulen feiert das Bildungsministerium in seinem Bericht über die Unterrichtssituation im Schuljahr 2019/20. Das ist auf den ersten Blick gut, aber ein zweiter Blick sollte folgen. Das findet Martin Habersaat, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion und Abgeordneter aus Reinbek. Habersaat: „Die ‚Unterrichtsversorgung‘ ist eine theoretische Kennziffer. Aus den Aufgaben der Schulen -zu unterrichtende Stunden, Leitungszeiten etc.- wird ein Bedarf errechnet, dem die zur Verfügung gestellten Stellen gegenübergestellt werden.“ Das sei lange eine geeignete Kennzahl zur Abbildung der Lage an den Schulen gewesen. Vor allem in Zeiten, in denen das Land den Schulen weniger Stellen zur Verfügung stellte, als sie brauchten. Und solange freie Stellen leicht mit ausgebildeten Lehrkräften besetzt werden konnten.
„Inzwischen hat sich das Problem verschoben“, berichtet Habersaat, und er formuliert zugespitzt: „Stellenhülsen unterrichten keine Kinder.“ Deutlich macht er das am Beispiel der Schulen im schulamtsgebundenen Bereich, vor allem Grundschulen und Gemeinschaftsschulen ohne Oberstufe: Hier werden in die Unterrichtsversorgung 11.826 Stellen eingerechnet. Das wären 101 Prozent Unterrichtsversorgung. Besetzt sind aber nur 11.717, schon sinkt die Unterrichtsversorgung auf 99 Prozent. Aber: 349 dieser Stelleninhaber*innen sind ohne Vertretung in Mutterschutz, Sabbatjahr oder ähnlichem. Bleiben 11.368 mit anwesenden Menschen besetzte Stellen und somit eine Unterrichtsversorgung von 96 Prozent. Hinzu komme, dass knapp 10 Prozent der Lehrkräfte an Grundschulen keine abgeschlossene Lehramtsausbildung haben.
Im Kreis Stormarn gingen im Schuljahr 2019/20 9.550 Kinder in die Grundschule, die Gemeinschaftsschulen hatten 9.388 Schülerinnen und Schüler, die Gymnasien 7.230. Die Berufsbildenden Schulen wurden von 4.261 Schülerinnen und Schülern besucht. Der Anteil der ersatzlos ausgefallenen Stunden schwankte zwischen 0,3 Prozent an den Grundschulen und 3,6 Prozent an den Gemeinschaftsschulen mit Oberstufe. Der niedrige Wert der Grundschulen erklärt sich durch die „Verlässliche Grundschule“ – Kinder sollen nicht ungeplant nach Hause geschickt werden, Ausfall wird durch organisatorische Maßnahmen vermieden. Der Anteil nicht planmäßig erteilter Stunden liegt landesweit bei 8,4 bis 10,9 Prozent, je nach Schulart. Aufgrund der Corona-Krise wurden diese Daten allerdings nur vom 1. August 2019 bis zum 13. März 2020 erhoben.
Quelle:
Bericht über die Unterrichtssituation im Schuljahr 2019/20 (19/ 2471). Die Landesregierung legt dem Landtag auf Grundlage einen Beschlusses von 1977 in jedem Jahr einen Bericht über die Unterrichtssituation vor. In diesem Jahr waren auf Antrag der SPD erstmals Erläuterungen zum Begriff der Unterrichtsversorgung sowie die Zahl der unbesetzten Stellen, die zur rechnerischen Deckung der Unterrichtsversorgung beigetragen haben, enthalten.