Weniger Schülerinnen und Schüler

Martin Habersaat vor dem Landeshaus
2020, Fotograf: Jan-Christoph Schultchen

Warum die Lage an den Schulen trotzdem nicht besser wird

Der Bericht zur Unterrichtssituation 2019/20 enthält keine Darstellungen und Informationen über die 2. Schuljahreshälfte, die durch die Corona-Pandemie gekennzeichnet war. Die Daten der Schulstatistik wurden stichtagsbezogen zu Beginn des Schuljahres erhoben. Trotzdem bereite der Bericht in einigen Punkten Sorgen, findet Martin Habersaat, Landtagsabgeordneter aus Reinbek und bildungspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion. Neben der Unterrichtsversorgung und der wachsenden Selektivität des Schulsystems müsse vor allem ein Blick auf die Fachkräftesituation geworfen werden. Habersaat: „Es unterrichten immer mehr Menschen, die keine fertig ausgebildeten Lehrkräfte sind. Die Zahl der befristeten Einstellungen ist unverändert hoch und wir brauchen mehr männliche Lehrkräfte an unseren Grundschulen.“ So wurden im letzten Schuljahr 586 Menschen unbefristet in den Schuldienst eingestellt, 1.108 befristet, dazu kamen noch 1.262 Vertretungslehrkräfte. An Grundschulen wurden 100 Beamtinnen und nur 12 Beamte eingestellt.

Die Probleme werden sich verschärfen, fürchtet Habersaat, bis zu seinem Einzug in den Landtag selbst Lehrer. Momentan profitiere das Land von einem vorübergehen Rückgang der Schüler*innenzahl um 4.200, auch die Rückumstellung der Gymnasien auf G9 spare zwischenzeitlich Stellen. Habersaat: „Am G9-Gymnasium haben die Schülerinnen und Schüler weniger Unterricht, bis sie im 13. Jahrgang angekommen sind. Wenn dann der 13. Jahrgang wieder aufgewachsen ist und unterrichtet werden muss, braucht es auf einen Schlag natürlich auch die entsprechenden Lehrkräfte.“ Trotz der momentan etwas besseren Lage ist die durchschnittliche Grundschulklasse in Schleswig-Holstein immer noch größer als im Bundesschnitt (21,3 zu 20,9), trotzdem steigt die Zahl der ausgefallenen (allgemeinbildende Schulen: 2,1%, berufsbildende Schulen: 2,8%) und nicht planmäßig erteilten Stunden (7,8%, 5,5%). Wie kann das sein? Habersaat: „Am ehesten lässt es sich wohl damit erklären, dass Jamaika den Schulen neue verbindliche Aufgaben aufgetragen hat. Beispiel Mathematik in der Grundschule: Man erhöht die Zahl der zu unterrichtenden Stunden, anstatt sich um die qualitative Ausstattung der unterrichteten Stunden zu kümmern.“

Eine Große Anfrage der SPD-Landtagsfraktion für das Schuljahr 2018/19 hatte ergeben: Offiziell gibt es sieben Mangelfächer, für die Fachlehrkräfte fehlen: Mathematik, Englisch, Musik, Sport, Katholische Religion, Philosophie und Kunst. 1.217 (26,54 Prozent) Klassen wurden in Mathematik von Lehrkräften unterrichtet, die dieses Fach nicht studiert hatten. Dazu 239 Klassen von Lehrkräften ohne zweites Staatsexamen. 30 Grundschulen und fünf Außenstellen mussten mit einer einzigen Mathe-Fachlehrkraft auskommen. 2.174 (47,41 Prozent) der Klassen wurden in Musik von Lehrkräften unterrichtet, die dieses Fach nicht studiert haben. 502 Klassen von Lehrkräften, die kein zweites Staatsexamen hatten.

Quelle:

Bericht über die Unterrichtssituation im Schuljahr 2019/20 (19/ 2471). Die Landesregierung legt dem Landtag auf Grundlage einen Beschlusses von 1977 in jedem Jahr einen Bericht über die Unterrichtssituation vor. In diesem Jahr waren auf Antrag der SPD erstmals Erläuterungen zum Begriff der Unterrichtsversorgung sowie die Zahl der unbesetzten Stellen, die zur rechnerischen Deckung der Unterrichtsversorgung beigetragen haben, enthalten.

Mehr zur Großen Anfrage:

https://www.martinhabersaat.de/2020/06/20/grosse-frage-zur-lage-der-grundschulen/