Studie: Kosten der Ganztagsbetreuung
Von: Dr. Anna Makles, Dr. Kerstin Schneider; WIB – Wuppertaler Institut für bildungsökonomische Forschung
Auftrag: Stadtschulamt der Stadt Frankfurt a.M.(Kooperationspartner)
Veröffentlichung: 8. April 2022
In zwei Sätzen: Am Beispiel der Stadt Frankfurt a.M. wurde berechnet, wie hoch die laufenden jährlichen Kosten und die Investitionskosten für den ab 2026 geltenden Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung ausfallen werden. Zu rechnen ist mit 8.000 Euro Investitionskosten pro Kind und 8.000-10.000 Euro laufenden Kosten pro Jahr und Kind.
Meine Zusammenfassung: Das im Oktober 2021 in Kraft getretene Ganztagsförderungsgesetz (GaFöG) regelt, dass für Schulkinder ab der ersten bis zum Beginn der fünften Jahrgangsstufe ein Betreuungsangebot von acht Stunden an fünf Tagen in der Woche vorgehalten werden muss. Im Schuljahr 2026/27 wird dieser Anspruch bereits für Schüler*innen der ersten Jahrgangsstufe gelten. Infolge des Rechtsanspruchs werden die bestehenden Ganztagsangebote, abhängig von der zu erwartenden Nachfrage und den vorherrschenden Betreuungsstrukturen in den Kommunen, ausgebaut werden müssen. Das erfordert Investitionen in die Räume vor Ort und bringt laufende Kosten, vor allem für das Personal, mit sich. Der Bund hat den Ländern für die Investitionsbedarfe Geld zur Verfügung gestellt. Zur Entlastung der laufenden Ausgaben sieht das GaFöG zudem vor, den Bund-Länder-Finanzausgleich zu Lasten des Bundes zu verändern, die Länder werden schließlich 1,3 Mrd. Euro jährlich erhalten. Die Studie versucht sich der Frage zu nähern, welche tatsächlichen Kosten zu erwarten sind.
Um eine Aussage darüber treffen zu können, welche Kosten auf die Kommunen zukommen, wurde am konkreten Beispiel ein Berechnungsmodell entwickelt, in das verschiedene Kennzahlen (Schülerzahlen, Bevölkerungsentwicklung, Personalkosten etc.) eingeflossen sind. Die Kosten wurden für die Betreuung an 200 Schultagen und 40 Ferientagen, d.h.
an insgesamt 240 Betreuungstagen im Jahr errechnet. Pro Kind wurde eine benötigte Fläche von 8 m2 angenommen. Es zeigt sich, dass auch für eine Stadt wie Frankfurt a.M., die heute schon ein sehr gutes Angebot hat, die Folgekosten des Rechtsanspruchs erheblich sind, wenn dieser von vielen Eltern wahrgenommen wird. Alleine die laufenden Kosten der Betreuung (z. B. Personal, Sachmittel, Essensversorgung, Betriebskosten) belaufen sich auf 8.000 bis 10.000 Euro pro Kopf und Jahr. Neue Plätze verursachen Kosten, die Kosten für das bisherige Angebot bleiben bestehen. Hinzu kommen gegebenenfalls noch Investitionskosten, wenn der vorhandene Schulraum nicht ausreicht, um die Ganztagsbetreuung sicherzustellen. Eine bereits sehr gut aufgestellte Großstadt wie Frankfurt a.M. müsste, wenn alle Grundschüler*innen betreut werden wollen, bis zu 8.000 zusätzliche Plätze schaffen – auch räumlich. Die ‚günstigste‘ Variante wäre mit gut 6.000 bis 7.000 Euro Investitionskosten pro Kopf das Umbauen von vorhandenen Räumen zu Ganztagsflächen mit Projekträumen und Mensen.
Mein Fazit: Für die tatsächlichen Kosten sind die Ausgangslage vor Ort und die konkreten Vorgaben durch das Land ausschlaggebend. Wie viele Schüler*innen nutzen bisher ein Ganztagsangebot? Wie viele werden es vermutlich nach Inkraftreten des Rechtsanspruchs sein? Welche Vorgaben macht das Land? Aus meiner Sicht ist es unverzichtbar, die Qualität des Ganztags durch qualifiziertes Personal, kreative Raumkonzepte und eine sinnvolle Ausgestaltung der Betreuungszeit sicherzustellen.
Jeweils geklärt werden muss auch, ob eventuell vor Ort etablierte Standards (in Frankfurt z.B. gibt es heute das Angebot von 9,5 Stunden Betreuung) aufrecht erhalten werden. Hier liegt einer Gründe für die großen Konflikte der Kita-Reform in Schleswig-Holstein.
Übrigens: Der nationale Bildungsbericht 2022 (1) zeigt, dass Schleswig-Holstein bei den Ganztagsschulangeboten am weitesten hinter den Wünschen der Eltern herhinkt. In der letzten Legislaturperiode gab es auf diesem Gebiet keinerlei Fortschritte in Schleswig-Holstein, nur auf Antrag der SPD wurde das Thema überhaupt einmal im Landtag debattiert (2).
Links:
(1) Nationaler Bildungsbericht 2022
https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/nationaler-bildungsbericht-2055540
(2) Debatte zum Ganztag im Oktober 2020