Studie: IQB Bildungstrend 2021
Von: Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB)
Auftrag: Das IQB unterstützt die Arbeiten der Länder bei der Weiterentwicklung und Sicherung von Bildungserträgen im Schulsystem. Eine Grundlage dieser Arbeiten bilden die länderübergreifenden Bildungsstandards, die definieren, welche Kompetenzen Schülerinnen und Schüler bis zu bestimmten Zeitpunkten erwerben sollen. Das IQB überprüft regelmäßig, inwieweit diese Kompetenzziele in deutschen Schulen erreicht werden.
Veröffentlichung: Eine Vorabauswertung wurde am 1. Juli 2022 vorgestellt, eine ausführliche und auch länderspezifische Auswertung soll im Oktober 2022 folgen.
In zwei Sätzen: Vor den Sommerferien 2021 wurden die Kompetenzen von Viertklässler*Innen in den Fächern Deutsch und Mathematik getestet. Die Zahl der Kinder, die die Mindeststandards verfehlen, ist im Vergleich zu den Durchläufen 2011 und 2016 deutlich gestiegen.
Meine Zusammenfassung:
2021 erreichten in Deutsch und Mathematik deutlich weniger Viertklässler*innen die KMK-Bildungsstandards als in den Jahren 2011 und 2016 . Im Vergleich zur letzten Erhebung 2016 entsprechen die Kompetenzrückgänge im Lesen etwa einem Drittel, in Rechtschreibung und Mathematik einem Viertel eines Schuljahres. Zugrunde liegen Daten von 26844 Schüler*innen der 4. Jahrgangsstufe aus 1464 Schulen in allen 16 Ländern in der Bundesrepublik Deutschland.
Im Fach Deutsch wurden Kompetenzen in den Bereichen Lesen, Zuhören und Orthografie untersucht. Im Fach Mathematik wurden die fünf in den Bildungsstandards beschriebenen inhaltsbezogenen Kompetenzbereiche Zahlen und Operationen, Raum und Form, Muster und Strukturen, Größen und Messen sowie Daten, Häufigkeit und Wahrscheinlichkeit erfasst. Gemessen wird, inwieweit die Kompetenzen der Kinder im jeweiligen Fach und Kompetenzbereich den Zielen entsprechen, die von der KMK mit den Bildungsstandards und den Kompetenzstufenmodellen festgelegt wurden.
Im Fach Deutsch fallen die im Mittel erreichten Kompetenzen in allen untersuchten Kompetenzbereichen im Jahr 2021 signifikant niedriger aus als im Jahr 2016. Gemessen am Lernzuwachs, der innerhalb eines Schuljahres zu erwarten ist, entspricht der Kompetenzrückgang im Lesen etwa einem Drittel eines Schuljahres, im Zuhören einem halben Schuljahr und in der Orthografie einem Viertel eines Schuljahres. Im Bereich Orthografie erreicht weniger als die Hälfte der Schüler*innen den Regelstandard (44%) und fast ein Drittel verfehlt den Mindeststandard (30%). In den Bereichen Lesen und Zuhören, für die auch langfristige Veränderungen untersucht werden können, sind bereits seit dem Jahr 2011 ungünstige Entwicklungen zu verzeichnen. Diese haben sich allerdings zwischen den Jahren 2016 und 2021 deutlich verstärkt.
Auch im Fach Mathematik fallen die im Mittel erreichten Kompetenzen für Deutschland insgesamt im Jahr 2021 signifikant niedriger aus als im Jahr 2016. Dies entspricht einem Kompetenzrückgang von etwa einem Viertel eines Schuljahres. Anders als im Fach Deutsch ist diese ungünstige Entwicklung im Fach Mathematik seit 2016 nur wenig stärker ausgeprägt als der negative Trend zwischen den Jahren 2011 und 2016. Im Jahr 2021 erreichen oder übertreffen im Fach Mathematik rund 55 % der Viertklässler*innen den Regelstandard, mehr als ein Fünftel der Schüler:innen (22%) verfehlt den Mindeststandard. In beiden Fächern hat die Streuung der Kompetenzwerte zugenommen.
Die Studie bestätigt nicht nur, dass Erfolg in der Schule stark vom Elternhaus abhängt, sondern kommt zu dem Ergebnis, dass der Zusammenhang zwischen Kompetenzen und „sozioökonomischem Status“ der Familie zunimmt. Die stärksten Kompetenzrückgänge sind fast durchgängig für Schüler*innen zu verzeichnen, die im Ausland geboren sind. Wie bereits im Jahr 2016 fallen die Werte für die allgemeine Schulzufriedenheit und die soziale Integration in der Klasse sowohl bei Schüler*innen mit als auch ohne Zuwanderungshintergrund insgesamt hoch aus. Man fühlt sich an der Schule wohl, interessiert sich aber weniger für die Fächer und hat weniger Lernzuwachs.
Mein Fazit: Für diese alarmierenden Ergebnisse ist Corona mitverantwortlich, es gibt aber noch andere Gründe. Wir haben eine Grundschulkrise. Fachkräfte fehlen (1), an manchen Schulen werden Fächer wie Mathematik und Musik überwiegend fachfremd unterrichtet (2). Umso schlimmer, dass Schuleingangsuntersuchungen jetzt schon im dritten Jahr in Folge nicht regelhaft stattfanden.
Links:
(1) Fachkräfte-Radar für KiTa und Grundschule 2022
(2) Große Anfrage zur Lage an den Grundschulen
https://www.martinhabersaat.de/2020/06/20/grosse-frage-zur-lage-der-grundschulen/