Die Erarbeitung und Durchsetzung von Klassenregeln zählt ebenfalls zu den Aufgaben einer Klassenlehrkraft in den ersten Wochen – natürlich in Absprache mit den anderen Kolleg*innen in der Klasse. In dieser Zeit werden auch die ersten pädagogischen Herausforderungen deutlich: zwei Schüler*innen haben vielleicht ein Problem mit dem pünktlichen Erscheinen zum Unterrichtsbeginn, was zwei Einzelgespräche erforderlich macht. Ein Schüler kommt offenbar immer ohne Frühstück in die Schule, hat in der Folge Kreislaufprobleme und es muss vorsichtig geklärt werden, woran das liegt. Wie sind die Strukturen im Elternhaus? Gibt es finanzielle Probleme? Oder liegt vielleicht eine Essstörung vor? Gibt es Lösungsansätze und an wen müssen Schüler und Eltern gegebenenfalls weitervermittelt werden? Oder als Lehrkraft einfach fortan selbst doppelte Frühstücksration mitnehmen und eine heimlich weitergeben? Zwei Schüler*innen bitten um eine neue Sitzordnung, weil ein anderer immer ungeduscht in den Unterricht komme. Was tun? Den Wunsch akzeptieren? Darüber hinweggehen? Toleranz einfordern? Oder doch lieber das nächste Gespräch ansetzen, um vorsichtig über Körperhygiene zu sprechen? Inzwischen steht der erste Elternabend an. Einladung schreiben, Elternabend vorbereiten und durchführen. Jetzt gibt es je nach Lage der Schule zwei Extremmöglichkeiten: Die Eltern sind sehr engagiert, erscheinen nahezu vollzählig und wünschen sich einen monatlichen Stammtisch, um über die Situation der Klasse zu sprechen, am liebsten immer mit der Klassenlehrkraft. Oder die Eltern kommen nur sehr spärlich, vielen muss in den nächsten Wochen hinterhertelefoniert werden.
Frau Prien, wir wollen, dass Sie nicht nur mit Yoga-Angeboten vor die Personalräte und Gewerkschaften treten. Dazu gehört auch unser Vorschlag, den Schulleitungen ein größeres Kontingent an Stunden zu geben, um die „üblichen Verdächtigen“ zu entlasten, an denen zusätzliche Aufgaben meistens hängen bleiben. Und dazu gehört, jungen Aushilfslehrkräften, die gerade am Anfang ihres Lehramtsstudiums stehen, erfahrene Unterstützung an die Seite zu stellen. Niemand soll wegen Überlastung in dieser Phase die Lust auf das Lehramt verlieren und sein Studium abbrechen. Dafür brauchen die Schulen Ressourcen, die sie bisher nicht haben.
Wie wir hören, stellt die Ministerin ihr erstes Paket gegen den Lehrkräftemangel in der nächsten Woche in einer Pressekonferenz vor. Vielleicht ist es eine gute Gelegenheit, dieses Paket, den Antrag der FDP zu einer Reform der Bezahlung von Lehrkräften und unseren Antrag zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen gemeinsam in eine Anhörung zu geben. Wir bitten deshalb um Ausschussüberweisung.“