Die Corona-Jahre haben gerade bei jungen Menschen ihre Spuren hinterlassen. Die Absentismus-Zahlen sind beträchtlich. Ein wachsendes Phänomen sind Gewaltereignisse unter Mädchen. In vielen Kommunen wünscht man sich mehr Engagement des Landes bei der Ausstattung der Schulen mit Sozialpädagog*innen. Für Martin Habersaat, den bildungspolitischen Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, ist es an der Zeit für eine Neuaufstellung der Schulsozialarbeit:
Laut Schulgesetz unterstützt die Schulsozialarbeit die Schulen bei der Erfüllung ihres Bildungs- und Erziehungsauftrages. Sozialpädagog*innen auf 720 Vollzeitstellen werden an den knapp 800 Schulen in Schleswig-Holstein derzeit vom Land finanziert. Bildungsminister Ekkehard Klug (FDP) hatte 2011 den Einstieg des Landes in die Finanzierung von Schulsozialarbeit an Grundschulen erreicht. In der Regierungszeit von Torsten Albig (SPD) hatte das Land mit dem Finanzausgleichsgesetz ab 2015 dauerhaft die Finanzierung der Mittel für Schulsozialarbeit übernommen, die vorher der Bund bezahlte. Seitdem gab es in diesem Bereich -außer vorübergehenden Aufwüchsen aus Corona-Mitteln- keine nennenswerten Fortschritte. An welchen Schularten diese Mittel eingesetzt werden, konnte die Landesregierung in der Beantwortung einer Kleinen Anfrage leider nicht mitteilen. Viele Schulträger beschäftigen darüber hinaus weitere Personen für die Schulsozialarbeit, auch über diese hat das Land jedoch keinen Überblick.
Die Ausgestaltung der Schulsozialarbeit in den Schulen ist vielfältig. Ein von Landesregierung und kommunalen Landesverbänden erarbeiteter „Orientierungsrahmen“ beschreibt eher die aktuelle Vielfalt als steuernd Orientierung zu bieten. Die Liste der Möglichkeiten ist lang, sie umfasst u.a. schülerbezogene Einzelfallhilfe, sozialpädagogische Gruppenarbeit und Stärkung der Partizipation, Prävention und Intervention zum Kinder- und Jugendschutz sowie spezifische Projekte. Eine Einschränkung gibt es: Im Orientierungsrahmen wird daran erinnert, dass Schulsozialarbeit durch die Freiwilligkeit der Inanspruchnahme bestimmt ist. Das verträgt sich nicht mit dem an manchen Schulen verfolgten Konzepten wie „Lerninseln“, bei denen störende Schülerinnen und Schüler aus dem Unterricht in die Obhut der Schulsozialarbeit überstellt werden.
Aus Angst vor der Konnexität verzichtet das Land auf jegliche Empfehlung zur Frage, wie viel Schulsozialarbeit für welche Schulart oder welche Schülerzahlen anzustreben ist. Auch auf klare Leitlinien wird bisher verzichtet. Wenn die Einbindung von Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeitern regelhaft zum Instrumentenkasten von Schulen gehören soll, brauchen wir beides dringend. Zusammen mit einem stärkeren Engagement des Landes in diesem wichtigen Bereich, wozu auch die im Koalitionsvertrag in Aussicht gestellte Ausweitung der Schulassistenz und Fortschritte bei den Arbeitsbedingungen der Schulbegleitungen gehören.
Material
Kleine Anfrage Schulsozialarbeit
https://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl20/drucks/00700/drucksache-20-00760.pdf
Orientierungsrahmen zur Förderung von Schulsozialarbeit
Zu den Absentismus-Zahlen
Landesweit Unterstützte Resolution des Schulverbands Albersdorf
https://www.amt-nordstormarn.de/buergerinformationssystem/vo020.asp?VOLFDNR=1531