„Herr verzeih‘ ihnen, denn sie tun nicht, was sie wissen!“ Lehrerinnen und Lehrer wissen genauso wie die Politik, welche Rahmenbedingungen moderne Pädagogik bräuchte und wie die Schule der Zukunft organisiert werden müsste – sie setzen dieses Wissen allerdings nur zögerlich um. Das war eine der Thesen des Vortrags von Stefan Niemann. Der ehemalige Schulleiter ist heute bundesweit als Schulentwickler unterwegs und gab dem Auditorium viele Erkenntnisse und Entwicklungen aus Pädagogik und Gesellschaft mit auf den Weg, die sich in Schulorganisation und Schularchitektur noch nicht überall widerspiegeln. Von der Fachbezogenheit gehe es zur Projektorientierung, von hierarchischen zu partnerschaftlichen Strukturen. Schülerinnen und Schüler sind nicht alle gleich, müssen deshalb individuell angesprochen werden. Leistungsbewertung könnte so organisiert werden, dass sie den Schülerinnen und Schülern hilft und nicht in erster Linie der Selektion dient.
Die Schule der Zukunft werde sich an vier K’s entwickeln, im Englischen vier C’s: Critical Thinking (Kritisches Denken), Collaboration (Kooperation), Creativity (Kreativität) und Communication (Kommunikation). Schülerinnen und Schüler, die Selbstwirksamkeit erfahren haben, seien auch immun gegen Verschwörungsmythen und Querdenkertum. Eine große Herausforderung werde es sein, den Lernzuwachs von Schülerinnen und Schülern im informellen Raum in der Schule abzubilden und nicht in der Schule nur den dort vermeintlich organisierten Lernzuwachs zu betrachten. Ganztagsschulen müssten an den Bedürfnissen der Kinder entwickelt werden, nicht primär an Betreuungsnotwendigkeiten, die sich aus der Berufstätigkeit der Eltern ergäben.
Stefan Niemann
Schulleiter a.D., Schulentwicklungsberater